Das Wappen von Scheyern - Verleihung des Rechtes zur Wappenführung

Wappen der Gemeinde Scheyern

An die Gemeindeverwaltung
Scheyern (Obb.)

Betreff: Verleihung des Rechtes zur Wappenführung



Durchschlag

Zu der Absicht der Gemeinde Scheyern, ein eigenes Wappen nach einem von Graphiker Rainer Michelfelder in Eutenhofen gefertigten Entwurf beim Staatsministerium des Innern zu beantragen, nimm das Bayer. Hauptstaatsarchiv gutachtlich Stellung wie folgt:

1. Durch Namensgleichheit und Ortsgeschichte mit dem 1803 aufgehobenen, nunmehr wieder bestehenden alten Benediktinerkloster aufs engste verbunden, hat die heutige Gemeinde Scheyern in erster Linie das Anrecht, das ursprüngliche Abteiwappen dem neu zu schaffenden Gemeindewappen zugrunde zu legen. Als Stiftswappen von Scheyern erscheint erstmals 1352 bereits ein goldener Zickzackbalken in blauem Felde. Das dieses Bild enthaltende Siegel des Abtes Wolfgang von Scheyern (1346 – 1353) ist zugleich als frühestes Beispiel der Verwendung eines „Wappens“ im Abzeichen eines altbayerischen Klosters von besonderem heraldischen Interesse. Der Zickenbalken sollte an die Grafen von Scheyern Wittelsbach erinnern, die auf dem Grund ihrer Stammburg um 1120 das Benediktinerkloster errichtet hatten. Auch die Klöster Ensdorf und Indersdorf, die ebenfalls vom Hause Scheyern – Wittelsbach gegründet worden sind, nahmen daher in das Abteiwappen den Zickzackbalken auf. Wenn auch immer noch eine restlos befriedigende Deutung des Zickzackbalkens aussteht (vgl. Dr. Stadler, „Das bayerische Staatswappen““, in: Der Familienforscher in Bayern, Franken und Schwaben, Band I, Heft ½ S. 3; München 1950), so ist die uralte Überlieferung, dass der Zickzackbalken das Hauswappen der Grafen v. Scheyern war, doch nicht zu widerlegen: Er erscheint nicht nur in den Reitersiegeln der bayerischen Herzöge Ludwig des Kelheimers und Ottos (II.) zwischen 1216 und 1230, sondern auch in den Familienwappen alter wittelsbachischer Ministerialen im 13. Jahrhundert.

Die Aufnahme des Zickzackbalkens in das Gemeindewappen von Scheyern ist also historisch wohlbegründet. Für die Farbengebung kommen nur Gold und Blau (als Feldfarbe) in Betracht, die für Kloster Scheyern von jeher als Farben überliefert sind und auch immer als die ursprünglichen Farben des gräfl. bzw. herzoglichen Wappens galten(vgl. Hund Wiguleus, Bayer. Stammenbuch Bd. I – Ingolstadt 1585-, S. 137). Markt und Kloster Geisenfeld, die in späterer Zeit den Zickzackbalken als Wappen angenommen haben (erstes Marktsiegel vor 1412) führen dagegen einen silbernen Zickzackbalken in Rot; für Kloster Ensdorf ist der rote Zickzackbalken i Silber seit ca. 1475 nachweisbar. Etwas früher (Chronicon Understorfense; cgm. 1515; 1. Drittel des 15. Jahrhunderts) ist schon für Kloster Indersdorf der rote Zickzackbalken in Silber als Stiftswappen bezeugt; diese Farbengebung hat auch der Markt Indersdorf bei der Verleihung des Gemeindewappens am 23. April 1882 übernommen. Die Farbenzusammenstellung Blau und Gold erscheint dagegen schon im Wappen der Stadt Pfaffenhofen a. d. Ilm (Verleihung 5. Januar 1812, anstelle des ursprünglichen Stadtwappens mit dem segnenden Priester).

2. Wenn auch, wie oben dargelegt, die Gemeinde Scheyern vor allem Recht auf das ehemalige Abtei- und Herzogswappen und zwar in seiner ältesten Farbengebung Blau und Gold hat, so zwang doch der Umstand, dass andere Gemeinden in Oberbayern schon dieselbe Wappenfigur, Pfaffenhofen sogar in denselben Farben, führen, bei der Gestaltung des neuen Wappens von Scheyern zur Aufnahme eines unterscheidenden Beizeichens. Als solches kommt nur das „Patriarchenkreuz“ in Frage, das seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts dauernd als Konventswappen von Scheyern erscheint. Es handelt sich bei diesem Kreuz um das berühmte „Scheyerner Kreuz“, einen schon im 12. Jahrhundert bezeugten Kreuzpartikel, der in Form von Medaillen, Amuletten, Votiven usw. seit dem späten Mittelalter weit über Bayern hinaus bekannt geworden ist. Die Lösung, das Kreuz in vereinfachter Form mit dem Zickzackbalken zu verbinden, ist heraldisch gut gelungen. Dem Doppelkreuz die Farbe Silber zu geben, entspricht den heraldischen Regeln.

Der Entwurf findet in geschichtlicher und heraldischer Hinsicht die uneingeschränkte Billigung. Für die Reinzeichnung empfiehlt es sich, den Balken vielleicht etwas weniger kräftig zu halten, damit die künstlerische Ausgewogenheit gegenüber dem schmalen Doppelkreuz gewahrt bleibt. Für die Verleihungsurkunde ergibt sich folgende Wappenbeschreibung: In Blau ein silbernes Doppelkreuz, überlegt mit einem goldgesenkten Zickzackbalken. In dieser Form wird sich das neue Wappen von Scheyern von ähnlichen Wahrzeichen bayerischer Gemeinden hinreichend unterscheiden und an die zahlreichen neu verliehenen Wappen oberbayerischer Gemeinden würdig anschließen.

Dem Antrag der Gemeinde auf Verleihung des Rechtes der Wappenführung, der auf dem Dienstweg über Landratsamt und Regierung von Oberbayern dem Bayer. Staatsministerium des Innern vorzulegen ist, sind beizufügen: Beglaubigter Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderates über Annahme des Wappens; beiliegender Durchschlag des Gutachtens des Bayerischen Hauptstaatsarchivs; drei farbige Skizzen des Wappens. Nach Verleihung des Wappens ist die Anfertigung des neuen Dienstsiegels dem Bayer. Hauptmünzamt zu übertragen. Diesem ist als Vorlage eine nicht kolorierte Skizze des Wappens, jedoch mit Umschrift wie auf dem Vorentwurf, zuzuleiten.

 

I.V

Staatsarchivdirektor